Die Brüsselfahrt 2020 – So klimaneutral wie noch nie!
Am Mittwoch, den 12. Februar, versammelten sich alle an Politik interessierten Schülerinnen und Schüler der EF um 5.15 Uhr morgens vor der Hellweg-Schule. Verschlafen und doch vorfreudig erwarteten sie gespannt den Reisebus. Dieser würde sie heute in das politische Zentrum der Europäischen Union bringen: Brüssel! Auch Frau Küthen, Herr Dott und Herr Gockel hatten sich bereit erklärt, zu sehr früher Stunde die Reise in die Landeshauptstadt Belgiens anzutreten.
Trotz all der Motivation nutzten einige aber doch noch die Chance, im Bus etwas Schlaf zu gewinnen, als die Reise pünktlich um halb sechs begann. So gestaltete sich die Fahrt durch Deutschland und die Niederlande noch recht idyllisch, bis die Reisegruppe schließlich das Zentrum Brüssels erreichte. Was nun geschehen würde, hätte sich vorher wohl niemand ausmalen können!
Um halb zehn erblickten wir nämlich endlich das Gebäude der EU-Kommission in seiner vollen Pracht. Doch dieses wurde kurz darauf zur Nebensache, als der Motor des Busses unmittelbar vor der Ausfahrt aus dem Kreisverkehr direkt vor der Kommission ausfiel! Verzweifelt versuchte der Busfahrer das Transportmittel wieder in Bewegung zu setzen, während alle Mitfahrenden ungläubig und erstaunt waren oder amüsiert lachten. Als klar war, dass der Bus auf den letzten Metern tatsächlich nicht mehr vorankommen würde, erlangte Herr Gockel in der Notsituation Gewissheit: Nur Schieben durch Körperkraft, würde die Reisenden noch zu ihrem Ziel führen!
Daraufhin stieg eine Gruppe Entschlossener die Stufen des Gefährtes hinunter und betrat sogleich den Boden der Landeshauptstadt. Hingebungsvoll schob die Schar der Helfer den Bus nun in der verkehrsberuhigten Zone an der Kommission vorbei, sodass die Rush-Hour in Brüssel wieder aus der Starre gelöst wurde. Währenddessen fing sie sich unvergessliche Blicke irritierter Passanten ein und sorgte für heitere Ausrufe wie: „Das ist die erste klimaneutrale Brüsselfahrt!“. Schließlich erreichte das Verkehrsmittel den anvisierten Halteplatz, an dem die unumgänglich gewordene Reparatur durchgeführt werden konnte. Die Exkursion Unserer Gruppe konnte nun endlich weitergehen – oder, vielmehr beginnen.
Nach einem kurzen Exkurs zum Kommissions- und Ratsgebäude durch Herrn Gockel startete der Aufbruch zum Europäischen Parlament. Da dieses noch geschlossen war, blieb etwas Zeit für einen Spaziergang durch den Leopold-Park. Wenig später erreichten alle gegen 10.30 Uhr den Eingang des gigantischen Gebäudes, vor dem auch zuerst traditionell ein Gruppenfoto gemacht wurde. Nach einer Kontrolle auf Sprengstoff und Waffen durften schließlich alle Schülerinnen und Schüler ins Innere des Parlaments vordringen. Dort erwartete sie bereits ihr Guide. Die Führung begann mit der Besichtigung einer Plattform, auf der sich Mitarbeiter des Parlaments aufhielten. Von einem Geländer aus hatten alle dabei auch die Sicht auf ein gewaltiges Kunstobjekt. Die Verschränkung mehrerer eiserner Stäbe miteinander symbolisierte die Bindung zwischen den Mitgliedstaaten der EU. Die von den Stäben repräsentierten Abgeordneten, bekam allerdings niemand zu Gesicht. Diese hielten sich gerade in Frankreich auf. Je nach Anlass, werden die politischen Sitzungen nämlich abwechselnd in den Parlamenten in Belgien und Straßburg abgehalten.
Anschließend begab sich die Gruppe in einen eher unscheinbaren Raum und hörte sich eine Präsentation zu den Politikern und ihren Fraktionen im Parlament an. Da die Müdigkeit aller nun wieder etwas zugenommen hatte, kam es gerade richtig, dass nun das unumstrittene Highlight der Führung bevorstand: Die Besichtigung des Plenarsaals! In diesem werden sechs Mal im Jahr wichtige Entscheidungen über europaweite Gesetze oder auch über die europäische Kommission getroffen. Die rund 900 hellbeleuchteten Sitze, welche dem Schreibtisch des Präsidenten an der Spitze kreisförmig zugewandt sind, waren derzeitig kaum besetzt. Trotzdem beeindruckte der Saal aufgrund seiner grenzüberschreitenden Bedeutsamkeit und wohl mindestens genau so beachtlich mit seiner Optik. Daher konnte auch zuletzt niemand vor der charismatischen Kulisse die Kamera beiseitelegen. Abschließend machten einige vor dem Plenarsaal noch ein paar kostenlose Postkarten an Freunde und Verwandte sendebereit, für deren Versand das Parlament aufkam.
Gegen 12.20 Uhr wurden alle schließlich, nach einer aufregenden ersten Hälfte des Tages, in eine durchaus aufregende Pause entlassen. Drei Stunden lang bezwangen die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen unterdessen die fremden Straßen und Gehwege der Metropole. So konkurrierten sie in Restaurants mit Google-Translate um die besten Französischkenntnisse oder entdeckten die regionalen Straßensysteme mit Google-Maps. Dabei kamen sie, teils unwissend, an Attraktionen wie dem Grand Place oder der Galerie De La Reine vorbei. Zielgerichtet hingegen, machten sich einzelne Gruppen zuletzt noch auf die Suche nach traditionellen belgischen Waffeln. Gegen Ende der Pause wurden diese auf dem Rückweg begeistert probiert.
Nach einer somit weniger erholsamen, aber dafür spannenden Erkundungstour, fanden sich alle Hellwegschüler und -lehrer im Eingangsbereich des Parlamentariums ein. Nach dem alt bekannten Sicherheitscheck wartete auf die Touristen im Inneren des Ausstellungsgebäudes etwas Neues. Jeder bekam einen sogenannten Multimedia-Guide, samt Kopfhörern ausgehändigt, mit welchen man sich frei durch eine Ausstellung bewegen konnte. Der digitale Guide würde alle auf eine abwechslungsreiche Reise von den Ursprüngen der EU bis hin in die Gegenwart begleiten. So stellte das Gerät, zu Fotos bezüglich der Gründung der EU, Audiodateien und Texte durch einen kurzen Scan bereit. Neben den schwarz-weißen Fotografien an den Wänden, gab es aber auch überall viel in Farbe zu entdecken. Bunte Lichter beleuchteten interaktive Informationstafeln und Zitate, die wieder die Erinnerung an die ursprünglichen Werte der EU weckten. Ein digitales Verzeichnis ermöglichte eine schnelle Übersicht über die Abgeordneten des Parlaments aus allen Mitgliedsstaaten oder sogar aus Bochum. Dazu gehörte der gebürtige Wattenscheider Dennis Radtke. Zudem konnte eine große Landkarte auf dem Fußboden, mithilfe mobiler Multi-Media Tische, erkundet werden. Auch zu einigen deutschen Städten waren auf dieser Karte Videos vorhanden, und ebenso war die Ausstellung gänzlich auf Deutsch abrufbar. Da wo die EU war, schien die Heimat aller also gar nicht so weit weg zu sein.
Mit diesem Gefühl stiegen die Meisten gegen 16.30 Uhr zufrieden in den nun wieder verkehrstüchtigen Reisebus. Wenig später sahen sie die modernen Gebäude der Innenstadt ein letztes Mal an sich vorbeiziehen. In Gedanken an das Erlebte vertieft, entfernten sie sich schließlich vom EU-Viertel. Auf der Rückfahrt war mit dem Thema Politik deshalb aber noch lange nicht Schluss! Der Busfahrer regte diesbezüglich noch eine hitzige Diskussion an, sodass sich erst mal niemand von diesem lehrreichen Tag erholte. Doch dafür würde ja noch fast genug Zeit, nach der Ankunft gegen 20.15 Uhr, an der Wattenscheider Hellweg-Schule bleiben…
Europa ist auf dem Weg und wir waren wieder zuhause.
Text: Levinia Holtz (EF)
Fotos: Peter Dott